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10
Mai

Vereinsfahrt nach Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg

Auf der Suche nach neuen Paddelrevieren gelangten die FREIEN KANU-SPORTLER in diesem Jahr zur Seenplatte von Mecklenburg und Brandenburg. Nachdem Familie Raabe schon einige Wochen früher die  Gegend erkundet hatte, machten wir uns zu diesem, für uns „Wessis“ Neuland, auf. 

Rund 14 Tage wollen wir hier zusammen unseren Urlaub verbringen, 4 Erwachsene, 4 Jugendliche, 1 Kleinkind und ein Hund. Zum Paddeln gibt es „tausende von Möglichkeiten“, viele Seen sind hier miteinander verbunden, und daher durchgängig befahrbar.  Lediglich bei Wind sollte man die größeren Seen meiden, um sich nicht unnötig in Gefahr zu begeben.

Doch vor unserem Bericht, ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit. Das Oberflächenrelief der Landschaft ist fast ausschließlich Ergebnis der geologischen Entwicklung. Es ist geprägt durch die hohen, langgestreckten Endmoränenzüge, die teilweise eine Höhe von über 50 Meter aufweisen, die hügeligen und kuppigen Grundmoränen, die flachen Sander, die verschiedenartigen Fließgewässer und die äußerst zahlreichen Seen unterschiedlicher Größe. Neben dem Relief und den Gewässern prägt vor allem die Pflanzendecke das Landschaftsbild. Seit der jüngeren Steinzeit (3000 – 1800 Jahre vor unserer Zeitrechnung) hat der Mensch mit zunehmender Intensität die natürliche Pflanzendecke entscheidend beeinflußt. In Zuge der Waldrodung entstanden Siedlungen, Äcker, verschiedenartige Wiesen, Heiden und Hutungen. Der Mensch veränderte auch den Wasserhaushalt der Landschaft. Seit dem 13. Jahrhundert wurde mit der Errichtung von Mühlenstaus, der Verlegung von Bachläufen und dem Seeaufstau begonnen. Im 15. und 16. Jahrhundert kamen größere Flußregulierungen und Kanalbauten hinzu. Auch Moore wurden durch Entwässerung für den Torfabbau und die landwirtschaftliche Produktion genutzt.

Nach diesem Schwenk in die Vergangenheit, wieder zurück in die Gegenwart. Samstags ging es dann endlich los. Wir fahren mit unseren VW- Bussen auf der Autobahn gen Norden bis Soltau, machen dort eine ausgiebige Pause, bevor es weiter geht, quer durch Mecklenburg zum Müritzsee. Die Straßen außerhalb der Ortschaften sind erstaunlich gut, zumindest was die Hauptverkehrswege betrifft. Seit der Wende hat sich im Straßenbau sehr viel getan. Nur in den Ortschaften ist langsames Fahren angesagt, um nicht einen Achsenbruch oder zumindest eine Spurverstellung zu riskieren und mit Rücksicht auf die Bewohner, die zwischenzeitlich mit einem erhöhtem Verkehrsaufkommen konfrontiert sind. Die Ortsdurchfahrten sind meistens mit herrlichen hohen Alleebäumen gesäumt, so daß wir bei der Hitze stets im Schatten fahren konnten.

Nach ca. 500 km Autofahrt kommen wir abends am Campingplatz Böker Mühle an. Der Campingplatz ist recht groß und liegt mitten im Wald. Wir finden schnell ein schattiges Plätzchen und bauen unsere Zelte auf. Zum Badestrand am Müritzsee sind es nur wenige Meter. Der Name Müritz stammt aus dem Slawischen und heißt „Meer“. Mit einer Fläche von 116,8 qkm sowie 28 km Länge und durchschnittlich 8 km Breite, (größte Breite: Sielower Bucht – Böker Ufer = 14 km) ist er nach dem Bodensee der zweitgrößte See Deutschlands. An der Müritz gibt es den größten Bestand an Fisch- und Seeadlern in Mitteleuropa. Der Campingplatz selbst ist zwar für „westliche Ansprüche“ recht primitiv ausgestattet, es gibt nur Plumpsklos und Waschmöglichkeiten im Freien. Dafür aber in landschaftlich hervorragender Lage- für uns genau das Richtige.

Frisch ausgeruht nach der langen Autofahrt, geht es dann am nächsten Tag in die Boote. Wir setzen direkt an „unserem Badestrand“ ein, fahren dann nur wenige hundert Meter über den Müritzsee in den Bolter Kanal, über Caarpsee und Woterfitzsee und wieder zurück zu unserem Ausgangspunkt. Unterwegs sehen wir einen Roten Milan auf Beutezug, viele Fische, blühende Seerosen, sowie an den Kanälen hübsche Bootshäuser. Heute, wie auch an den folgenden Tagen ist es ausgesprochen heiß. Die Wassertemperaturen liegen über 20 Grad Celsius. Wir baden recht viel. Vom Boot aus gibt es viele lustige Wasserschlachten. Das Kenterrollentraining kommt bei solch optimalen Bedingungen natürlich auch nicht zu kurz. Jan, unser Anfänger, kommt gut zurecht und wir staunen nicht schlecht, als er schon 3 Tage später die Eskimorolle beherscht, obwohl er nie vorher in einem Wildwasserkajak gesessen hat.

Nach dieser Einstimmung auf unseren Urlaub, wartet am kommenden Tag ein kleines Abenteuer auf uns. Auf unserer topographischen Karte haben wir einen kleinen See gefunden, mit Verbindung zum üblich befahrenen Woterfitzsee. Die Suche der Einsatzstelle mit unseren Fahrzeugen gestaltet sich sehr schwierig. Aber mit Hilfe eines freundlichen Einheimischen finden wir uns dann doch im Gewirr der immer schlechter werdenden Sandwege zurecht. Die Sucherei hat sich gelohnt, ein wunderschöner See mit vielen Seerosen und klarem Wasser liegt vor uns. Schnell sind die Boote abgeladen und zu Wasser gelassen. Vorsichtig durchqueren wir den See. Der Ausfluß ist erst nach genauerem Hinschauen im Schilfgürtel auszumachen. Der dann folgende Bachlauf ist stark verkrautet, aber anfangs noch fahrbar. Jedoch nach einstündiger Paddelei geht nichts mehr. Wir sitzen fest. Um uns herum strömt übel riechendes Sumpfgas aus, und nicht nur die Jüngsten unter uns denken dabei an Moorleichen und andere Gruselgeschichten. Nach Erkundung der Lage gibt es nur eine Möglichkeit weiterzukommen: 1 Kilometer Boote umtragen, um dann wieder in den nicht mehr so stark zugewachsenen Kanal einzusetzen.

Stimmen werden laut wieder umzukehren, doch der Ehrgeiz treibt uns weiter. Erstaunlich gut lassen sich die Boote über den sandigen Boden schleifen. Selbst der zentnerschwere Indio (Zweier Schlauchbootcanadier) mit Gepäck läßt sich so bewegen. Unser Kleinster, der zweijährige Dimitri, stapft tapfer mit Mama und Socke, dem Wolfsspitz, hinter dem von Papa gezogenen Indio her. Es ist ausgesprochen heiß und wir kommen ganz schön ins schwitzen. Selbst den Moskitos ist es wohl heute zu warm, denn sie lassen uns einigermaßen in Ruhe. Die Folgestrecke ist relativ leicht zu paddeln, und der Woterfitzsee ist bald erreicht.

Nach dieser anstrengenden Tour beschließen wir, den folgenden Tag mit Faulenzen, Essen und Baden zu verbringen. Jan, unser Neuling, lernt an diesem Tag die Kenterrolle, und die, die sie schon können, feilen weiter an ihrer Technik und kühlen sich bei 30 Grad im Schatten im badwarmen Wasser ab.

An den folgenden Tagen machen wir noch einige schöne Touren in der näheren Umgebung. Wir fahren dann aber weiter in Richtung Mirow zu unserem neuen Standquartier, einem einsam im Wald gelegenen Campingplatz. Durch die äußerst schlechte Straßenanbindung – es existiert nur ein schwierig zu befahrener Sandweg – ist er auch nicht überlaufen. Die Trinkwasserversorgung geht über einfache Saugpumpen, die Toiletten entsprechen „DDR Standart“. Im Gegensatz zur Straßenanbindung ist die Seenanbindung hervorragend. Wir können an den folgenden Tagen wieder direkt vom Campingplatz zu umfangreichen Rundtouren starten.

Nach einigen Überredungskünsten starten wir auch wieder eine kleine Abenteuerfahrt ins Ungewisse. Nach unserer topographischen Karte besteht die Möglichkeit, über einen sehr kleinen Kanal, vorbei an einem kleinen, mitten im Wald gelegenen See, eine Abkürzung zu fahren. Nach anfänglicher Skepsis stellt sich die Karte als ungewöhnlich exakt heraus. Der Kanal läßt sich zwar nicht durchgängig befahren, aber Treideln (Boote durchs Wasser ziehen) klappt in jedem Fall. Nur die Mücken machen uns auf dieser Strecke einiges zu schaffen, jedoch spätestens auf dem großen See können sie uns nichts mehr anhaben.

Eine andere Möglichkeit ein Paddelrevier zu erkunden, sind Gepäckfahrten. Man kann mit „Sack und Pack“ mehrere Tage unterwegs sein und dabei in sonst nie mit dem Auto erreichbare schöne Gegenden gelangen. Mit einem Kleinkind in der Gruppe und einigen unerfahrenen Gepäckfahrern kein einfaches Vorhaben. Wir haben für unsere dreitägige Wanderfahrt die obere Havel ausgesucht. Die Havel besteht in ihrem Oberlauf hauptsächlich aus aneinander gereihten Seen, die durch Kanäle miteinander verbunden sind. Durch den Ausbau mit Schleusen ist sie auch für größere Boote befahrbar. Wir wollen in Wesenberg starten. Am Ellenbogensee wollen wir später die Havel verlassen, um in den Rheinsberger Gewässern die Stadt Rheinsberg zu erreichen.

Nachdem wir die Fahrzeuge vorgebracht haben, geht es mit unseren vollbeladenen Booten aufs Wasser. Nur sehr langsam kommen wir voran, keine Strömung hilft uns. Gott sei Dank haben wir keinen Gegenwind. Bei einem Fischer kaufen wir unser Abendbrot: je 2 große Zander und Seeforellen. An der Schleuse in Strasen Prieper machen wir eine weitere Zwangspause, erst bei der zweiten Schleusung kommen wir durch. Müde von der anstrengenden Paddelei legen wir am späten Nachmittag an einer einsamen Halbinsel an, um hier unser Nachtquartier aufzubauen.

Wir befinden uns an einem einsamen See, der nur mit kleinen Booten erreichbar ist. Wir werden daher heute Abend von stinkenden und knatternden Motorbooten verschont bleiben. Seit Wochen hat es nicht geregnet, alles ist „pulvertrocken“- zur Zeit besteht höchste Waldbrandgefahr. Wir machen daher kein offenes Feuer. Unser Fisch wird auf dem mitgebrachten Gaskocher zubereitet. Nach dem Essen genießen wir einen herrlichen Sonnenuntergang. Wir sehen viele Wasservögel, und auch große Fische, die von Zeit zu Zeit springen.

Einige von uns sind wohl noch nicht müde und beschließen daher, eine kleine Nachtwanderung zu machen. Im Wald ist es bald stockdunkel. Nur die weißen Pfoten unseres „Spürhundes Socke“ kann man noch einigermaßen erkennen. Socke führt uns dann auch mit sicherem Instinkt zurück zu unserer Biwakstelle, wo wir uns totmüde in den Schlafsäcken verkriechen.

Am nächsten Morgen sind wir schon früh auf den Beinen. Nach einem ausgiebigen Frühstück packen wir unsere Sachen zusammen und gehen weiter auf Tour. Am Ellenbogensee angekommen, biegen wir rechts ab um in die Rheinischen Gewässer zu gelangen. Am frühen Nachmittag ziehen Wolken auf, es wird windig. Wir beschließen, heute Schluß zu machen. An einer umgefallennen alten Eiche finden wir einen geeigneten Platz. Gerade haben wir unsere Zelte aufgebaut, da fängt es auch schon, wie aus Eimern, an zu regnen. Plötzlich hören wir draußen Stimmen, zwei Berliner Familien mit ihren Faltbooten haben nicht unser Glück und suchen Schutz vor dem immer heftiger werdenden Regen. Wir bitten sie in unsere zwar sehr kleinen, aber trockenen Zelte, was dankbar angenommen wird. Nach gut einer Stunde ist der Regen vorbei und die Sonne kommt schnell wieder hervor. Wir bauen unser Sonnensegel auf und entfachen darunter ein kleines Feuer. Heute gibt es Bannoks (Indianerbrot) und zum Nachtisch Pop-Korn, alles direkt auf dem Feuer zubereitet. Es schmeckt allen sehr gut und nach den üblichen Küchenarbeiten bleibt noch genügend Zeit zum Faulenzen, Baden und später für einen kleinen Spaziergang, wo wir eine Hirschkuh beim Äsen beobachten können.

Spät abends, wir liegen schon lange in den Schlafsäcken, kommt Wind auf, der sich an den folgenden Tagen nicht mehr legen soll. Da plötzlich ein Schrei aus einem der Zelte: „Jemand streift um unser Zelt herum“. Wir müssen alle laut lachen, als sich herausstellt, daß dieser Jemand, unser, von Mücken geplagter Hund ist. Die Nacht verläuft danach ohne weitere Zwischenfälle. 

Nach unserer Lagebesprechung beim Frühstück des folgenden Tages, beschließen wir die Tour abzubrechen. Zu groß ist das Risiko einer Kenterung mitten auf den Seen, sowie die Strapazen, bei Gegenwind mit vollbeladenen Booten zu paddeln. Im Windschatten kämpfen wir uns bis zur nächsten Ansiedlung, um von dort aus unsere Autos nachzuholen. Wir haben Glück und erreichen gerade noch rechtzeitig an einer Bushaltestelle den Linienbus, der uns auf direktem Weg nach Rheinsberg zu unserem Fahrzeug bringt. Schnell ist das andere Fahrzeug in Weinsberg nachgeholt, die Boote nebst Gepäck verladen und zu unserem neuen Standquartier bei Rheinsberg gefahren.

Unser neuer Campingplatz liegt idyllisch auf der Halbinsel am Schlabornsee und verfügt sogar über eine Dusche mit warmen Wasser und WC. Wir finden einen schönen Platz direkt am Wasser gelegen und für den kleinen Dimitri einen Spielplatz am anderen Seeufer in Zechlinerhütte. Das war mal was anderes: Die Großen paddeln ihn zum Spielplatz!

Am folgenden Tag sehen wir uns Rheinsberg an. Der „Alte Fritz“ soll in Rheinsberg die glücklichsten Jahre seines Lebens verbracht haben. Theodor Fontane zeigte sich von der Schönheit der Stadt und ihrer Umgebung beeindruckt und huldigte ihr in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ und im „Stechlin“. Schließlich wählte Kurt Tucholsky Rheinsberg zum romantischen Schauplatz für seinen Bestseller, das „Bilderbuch für Verliebte“. Das Zentrum Rheinsbergs bilden der Marktplatz und der sog. Triangelplatz, der vorbei am Marstall und über einen mit Seerosen bewachsenen Wassergraben die Verbindung zur Hauptattraktion Rheinsbergs herstellt: Schloß Rheinsberg. 300000 Taler kosteten Friedrich Wilhelm I. in den Jahren 1734 – 39 Erwerb und Umbau des Renaissance- Wasserschlosses für seinen Sohn, den jungen Friedrich. „Mein Sanssouci“ nannte der Kronprinz sein Refugium. Originalbestandteile des früheren Schlosses blieben im Kern erhalten. 1736 bezog der Kronprinz das sich an die Bucht des Grienericksees anschmiegende Schloßterrain. „Friedrich zu eigen, der hier die Muße pflegte, 1739“, verrät die Widmungsinschrift über dem Schloßportal.

Nach einem Spaziergang durch den Schloßpark machen wir einen Einkaufsbummel und später vergnügen wir uns auf dem Rummelplatz, der so aussieht, als wäre er in den Fünfziger Jahren hier vergessen worden.

Am nächsten Tag geht es wieder aufs Wasser. Diesmal wollen wir auf dem Rhin paddeln, einem kleinen Flüßchen mit vielen Kurven und klarem Wasser. In Rheinshausen und Zippelsförde treffen wir bekannte Kanuten aus Kassel und Bad Hersfeld. Nach einem gemeinschaftlichen Foto teilen sich unsere Wege aber wieder. Unterwegs am Rhin sehen wir einen Seeadler und viele Eisvögel. Eine Ricke mit ihrem Kitz duckt sich hinter dem Gebüsch nahe am Ufer, um nicht von uns gesehen zu werden. Wir finden den Rhin sehr schön und einige von uns befahren ihn am darauffolgenden Tag noch einmal.

Früher als geplant treten wir danach die Heimreise an, denn unser „Kenterrollenspezi“ hat Mumps bekommen. Wir machen noch einen Tag in der Lüneburger Heide, in Müden an der Örtze, Rast, und kommen Donnerstagabend wieder zu Hause an.

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